Für die SG H2Ku Herrenberg endet eine Ära

Lange Jahre war sie die sportliche Lebensversicherung der Kuties: Mit 227 Treffern ist Lea Neubrander die Torjägerkrone der zweiten Liga kaum zu nehmen. Foto: Eibner/Oliver Schmidt


Von Peter Gebhardt 26.05.2023

Neun Jahre haben die Handballfrauen der SG H2Ku Herrenberg in der zweiten Liga gespielt. Nach dem Heimspiel gegen Ketsch am Samstag (17 Uhr) ist jetzt Schluss. Dem vorzeitigen Rückzug aus finanziellen Gründen folgte nun der sportliche Abstieg. Ein Rückblick.

Wenn am Samstag um 17 Uhr das Zweitligaspiel der Frauen  zwischen der SG H2Ku Herrenberg und den Kurpfalzbären Ketsch angepfiffen wird, endet für die Gastgeberinnen eine Ära von neun Jahren in der zweithöchsten Spielklasse Deutschlands. Für Herrenbergs Trainer Hans Christensen ist das Ergebnis dieser Partie allerdings zweitrangig.

„Es war mental eine extrem schwierige Saison“. Hans Christensen macht vor der Partie keinen Hehl aus seiner Gefühlslage. „Auch wenn ich mich auf das Spiel freue, ist es jetzt auch gut, dass es vorbei ist“. Auch aufgrund der Umstände der nun abgelaufenen Saison plant der Coach erst einmal eine Pause für seine Seele – und um mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können.

Bereits im Januar hatte der Verein verkündet, für sein höchstes Frauenteam keine Lizenz mehr für die zweite Liga zu beantragen: „Die finanzielle Lage hat sich zwar im vergangenen Jahr gebessert, die gestiegenen Kosten rund um den Spielbetrieb lassen für ein zukunftsorientiertes Handeln aber keine andere Entscheidung zu“, hieß es da in einer Pressemitteilung. 

Vor der finalen Partie gegen Ketsch sind die Kuties mit lediglich sechs Saisonsiegen und drei Unentschieden Vorletzter der Tabelle in der zweiten Handball-Bundesliga der Frauen – und sind damit auch sportlich abgestiegen. In der kommenden Runde soll nun der Neuaufbau mit dem Oberliga-Team erfolgen.

Sportlich geht es um nichts mehr

Und was können die Zuschauer am Samstag für ein Spiel erwarten, in dem es auch für die Gäste aus Ketsch um nichts mehr geht? „Wir werden sicher mit einem Plan ins Spiel gehen. Allerdings weiß ich nicht, wie lange die Mädels das umsetzen können. Wichtig ist, dass sich niemand mehr verletzt“, so Hans Christensen. Nur zu gut weiß er, dass die sportlich bedeutungslosen Spiele seit Ende Januar auch an seinen Spielerinnen nicht spurlos vorübergegangen sind.

Beim Blick nach vorn lohnt sich aber auch einmal der Blick zurück. Was war wichtig, was war interessant?

Der Aufstieg: Alles begann an 3. Mai 2014 am vorletzten Spieltag der 3. Liga mit einem Heimsieg gegen den HCD Gröbenzell. Nach dem 22:16 konnten die Kuties nicht mehr vom ersten Platz verdrängt werden.

Das Ende: Nach dem Spiel am Samstag gegen die Kurpfalzbären wird die Mannschaft komplett auseinanderfallen. Lediglich Kreisläuferin Stephanie Schoeneberg geht den Weg weiter mit dem neuen Team – dann allerdings in der Oberliga Baden-Württemberg.

Fast 1. Bundesliga: Stell Dir vor, Du spielst erfolgreich Handball und keiner darf es sehen. In der Saison 2021/2021 spielte die SG H2Ku bis fünf Spieltage vor Schluss um den Aufstieg in die 1. Bundesliga mit. Live sehen konnte das aber durch die Corona-Pandemie kaum jemand. Allerdings ging nach der Bekanntgabe des Verzichts der Verantwortlichen auf den Lizenzantrag für die 1. Liga sportlich ohnehin nicht mehr viel. Ein Vorbote auf kommende Ereignisse?

An der Spitze: Ein einziges Mal in den bisher 250 absolvierten Spielen der 2. Liga standen die Kuties an der Tabellenspitze. Das war am 18. Oktober 2020 nach dem Heimsieg gegen die SG 09 Kirchhof. Eine Woche später war die Tabellenführung nach der Niederlage in Zwickau allerdings schon wieder futsch.

Klassenerhalt am grünen Tisch: Sportlich waren die H2Ku-Frauen nach der Saison 2016/2017 eigentlich abgestiegen. Da der HC Leipzig aber keine Lizenz für die folgende Saison in der 1. Bundesliga erhielt, konnten die Kuties weiterhin in der 2. Liga spielen.

Aufstieg trotz Abstieg: In alle Richtungen verschlägt es die anderen Spielerinnen mit Ausnahme von Stephanie Schoeneberg. Den sportlich größten Sprung macht dabei die ohnehin sprunggewaltige Ronja Böhler. Die Linksaußen schließt sich dem Erstligaaufsteiger HSV Solingen-Gräfrath an. Den gleichen Weg nach oben könnte auch noch Lea Neubrander gehen. Die Torjägerin unterschrieb für die kommende Saison bei Frisch Auf Göppingen, das über den Umweg Relegation ebenfalls die Bundesliga anstrebt.

Die Krone: Apropos Torjägerin. Gewonnen hat Lea Neubrander wahrscheinlich schon vor dem Anpfiff. Mit 227 Treffern ist die jahrelange sportliche Lebensversicherung der Herrenbergerinnen die Torjägerkrone der 2. Bundesliga kaum noch zu nehmen. Die Zweitplatzierte Madita Jeß (TSV Nord Harrislee) hat vor dem letzten Spieltag 18 Tore Rückstand auf Neubrander. 

Kleiner Dauerbrenner: In den neun Jahren 2. Bundesliga konnten sich die Frauen der SG H2Ku immerhin auf den 29. Platz der ewigen Zweitligatabelle hocharbeiten. Das 251. Spiel in der Historie wird dann auf unbestimmte Zeit das letzte gewesen sein.

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